„Ein Trafo“, so sagt Josef Kleedorfer, „ist ein Ding, das brummt.“ Er grinst. Einer seiner Ausbilder habe das immer gesagt, nicht er, setzt er nach. Aber er stimmt zu. Es brauche nicht viel, um so ein Gerät, das Höchstspannung auf Hochspannung umschaltet, am Laufen zu halten. Pflegeleicht sind diese tonnenschweren, haushohen, brummenden Dinger allerdings erst, wenn sie einmal dort stehen, wo sie auch stehen sollen.
Fünf neue Transformatoren werden in den nächsten Monaten auf dem Gelände des Umspannwerks Simmering installiert: Das größte Umspannwerk der Wiener Netze wird erneuert. Und Josef Kleedorfer leitet die Montage der Trafos auf der Baustelle.
Es ist ein Projekt, das er bereits seit 2016 begleitet. Seither ist der Bau der neuen Schaltanlage in Vorbereitung. Und nun steht der erste Trafo da in voller Pracht mit einem Transportgewicht von 241 Tonnen – schwerer als ein Blauwal. Noch aber schweigt der Trafo. Das mit dem Brummen kommt später.
Ein langjähriges Projekt
Der zweite Riesen-Trafo wird in ein paar Monaten geliefert, die anderen drei folgen sukzessive. Fast zehn Jahre wird Josef Kleedorfer dann an diesem Projekt gearbeitet haben. So einen Trafo an Ort und Stelle zu bringen, ist etwas aufwändiger, als einen Nagel in die Wand zu schlagen.
Da braucht es einen Unterbau für die Lüftung und Auffangwannen, sollte die Isolierflüssigkeit austreten. Und weil die Lieferung der 241 Tonnen im Stück mit der Bahn erfolgt, sind Kräne, ein Tieflader und provisorische Schienenkonstruktionen notwendig.
Es braucht Feingefühl und Zeit, um ein Ungetüm wie dieses in sein Kabäuschen zu rücken. Fast eine Woche hat es gedauert, den ersten Trafo vom Bahn-Waggon in die vielleicht 200 Meter entfernte Nische zu bugsieren.
15 cm dicke Kabel für 380.000 Volt
Wenn er fixiert wurde, steht der Transformator da, wie ein Felsen. Monteure schrauben, klappen an. Später errichtet man auch noch eine Kühlung, und schließt den Koloss an – etwa 15 cm dick sind die drei Kabel, die aus dem Trafo in die 110.000 Volt-Schaltanlage gehen. In naher Zukunft wird der dann also brummen – und 380.000 in 110.000 Volt umspannen.
Diese 110.000 Volt werden dann in die verschiedenen Bezirke verschickt, wo sie wiederum auf 10.000 Volt umgespannt werden. Und die Trafostationen in den Grätzeln machen dann aus den 10.000 Volt die haushaltsgebräuchlichen 400 Volt bzw. 230 Volt.
Veränderungen im Nutzungsverhalten
„Der Stromverbrauch der Stadt steigt, und die Herausforderungen an die Stabilität des Stromnetzes wachsen.”
Denn das Produktions- aber auch das Kundenverhalten habe sich grundlegend geändert: Photovoltaikanlagen und Windparks speisen stärker und unberechenbarer in das Stromnetz ein. Der Stromverbrauch steigt durch E-Mobilität aber auch die verstärkte Nutzung von Streaming und anderen Digitalisierungsangeboten.
Das Nutzungsverhalten ist außerdem nicht mehr so gut vorhersehbar, wie früher, als alle zur gleichen Zeit Abendessen gekocht und sich dann vor den Fernseher gesetzt haben. Das alles fordere ein starkes Stromnetz, das gut und vorausschauend geplant werden müsse, so Jordan.
Josef Kleedorfer beschreibt es so: „Früher war der Weg des Stroms wie eine Autobahn, auf der es planbar in eine Richtung ging: Von der Produktion in einem kalorischen oder Wasserkraftwerk zu den Verbraucher*innen. Heute ist die Produktion weniger planbar und dezentraler: Also gibt es Gegenverkehr.“ Und das berge Tücken für die Stabilität des Stromnetzes.
Vorausschauende Planung
Je mehr Strom-Ausweichrouten es gibt, desto mehr Möglichkeiten gibt es auch, um Produktionsschwankungen abzufedern oder Schäden zu umgehen, ohne dass der*die Verbraucher*in überhaupt etwas von der Panne merkt.
Die fünf neuen Trafos in Simmering sind Teil einer vorausschauenden Planung eines stabilen Stromnetzes für eine sichere Versorgung. Das Umspannwerk und seine Trafos sind sozusagen das Autobahnkreuz, über das die Energie in die Wiener Bezirke – und darüber hinaus – fährt.
So weit ist es aber noch nicht: jetzt wird erst einmal montiert, dann wird getestet, ob auch alles passt. Denn mit 380.000 Volt spielt man nicht. „Pro tausend Volt braucht es – als Faustregel – einen Zentimeter Sicherheitsabstand.” Die Distanz, die bei Höchstspannung an einer unisolierten Stelle übersprungen werden könnte, sind also beachtliche 3,8 Meter. Da ist Vorsicht geboten.
Elektrotechniker Kleedorfer, seit 34 Jahren bei den Wiener Netzen, sieht all das aber gelassen: „Die Technologie ist sicher und wir sind gut ausgebildet“, sagt er. An der prinzipiellen Technik der Transformatoren habe sich in den letzten Jahrzehnten recht wenig geändert: Ein Trafo bleibe ein Trafo. „Ein brummendes Ding“ eben.
Und ein Ding mit langer Lebensdauer: „50 Jahre plus“, gibt Josef Kleedorfer den neuen Transformatoren, auf deren Schultern ein wichtiger Teil der Versorgungssicherheit Wiens ruht.