Wer legt die Netzgebühr fest? Was sind die rechtlichen Vorgaben, an denen sich Netzbetreiber, wie die Wiener Netze, orientieren müssen?
Die regulierende Behörde, die E-Control, legt fest, welche Kosten Netzbetreiber ihren Kund*innen für Anschlüsse und für die Durchleitung von Energie zu verrechnen haben. Basis dafür ist ein seit 1999 existierendes System. Die E-Control berechnet die Durchleitungskosten anhand zweier Parameter: Dem prognostizierten Verbrauch im jeweiligen Netz und den Investitionskosten für die Infrastruktur. Daraus ergibt sich die Netzgebühr, die pro Kilowattstunde verrechnet werden muss. Zudem achtet die E-Control darauf, dass Netzbetreiber gesetzliche Vorgaben einhalten: Zum Beispiel, dass jedem Haushalt, der einen Strom- oder Gasanschluss haben möchte, ein solcher Anschluss auch gewährt wird. Für die Netzbetreiber selbst gibt es in diesem Korsett an Vorgaben und Gesetzen keinen Spielraum.
Netzgebühren dürfen nicht mit Energiepreisen verwechselt werden. Die Energiepreise werden von den Energielieferanten im freien Markt ohne Regelung individuell festgelegt.
Der Investitionsbedarf in die Energiewende ist groß
Die Netzgebühr steigt 2025 an – wie sehr und warum?
In Summe sind 2025 in einem durchschnittlichen Wiener Haushalt Mehrkosten von rund 270 Euro pro Jahr auf der Netzrechnung Strom zu erwarten. Rund 50 Euro davon sind tatsächlich Netzgebühren, der größere Teil der Kosten sind Abgaben und Steuern, die der Staat Österreich einhebt.
Diese Kostensteigerung hat mehrere Gründe: Mit Anfang 2025 laufen eine ganze Reihe an Fördermaßnahmen aus – etwa die Strompreisbremse, die 2022 eingeführt wurde. Mit Jahresbeginn werden außerdem die Elektrizitätsabgabe und die Erneuerbaren-Förderkosten wieder eingehoben, die ebenfalls ausgesetzt waren. Außerdem ändert die E-Control die Berechnung der Netzkosten: Bisher wurden Investitionen und Instandhaltungskosten aus der Vergangenheit rückwirkend berechnet und eingepreist. Ab sofort werden aktuelle Kosten der laufenden Periode verrechnet. Und der Investitionsbedarf Richtung Energiewende ist groß.
Hohe Netzkosten auch der Inflation geschuldet
Die Investitionen, die mit der Energiewende einhergehen, erhöhen also die Netzgebühren? Und könnten die Gebühren auch wieder sinken?
Die steigenden Netzgebühren haben mit Versorgungssicherheit und der Energiewende zu tun. Für den Umstieg von fossilen Energieimporten auf erneuerbare Energiequellen müssen die Energienetze umgebaut werden: Das Strom- und das Fernwärmenetz werden erweitert und die Gasleitungen stillgelegt. Das bringt den Vorteil, dass die Abhängigkeit von Energielieferanten aus dem Ausland sinkt und die notwendige Energie klimaschonender ist (Stichwort CO2-neutral).
Die aktuelle Erhöhung ist außerdem der Anpassung der Gebühren an die Inflation geschuldet. Seit 1999 waren die Anpassungen niedriger als die Inflationsrate, sodass die Gebühren heute noch immer deutlich unter dem Wert vor 25 Jahren liegen.
Ein anderer spannender Effekt ist: Der Stromverbrauch insgesamt steigt durch die zunehmende Elektrifizierung, aber die Strommenge, die durch das Netz transportiert wird, sinkt. Immer mehr Kund*innen sind auch Stromproduzent*innen und nutzen Energie von ihren PV-Anlagen, beziehen daher weniger Strom aus dem Netz. Die Kosten des Netzes müssen also auf weniger Kilowattstunden aufgeteilt werden, und damit steigt die die Transportgebühr für eine Kilowattstunde Strom.
Starke Netze für erneuerbare Energien!
Die Gebühren werden nicht in allen Bundesländern gleich angehoben. Wie kommen die Preisunterschiede zwischen Ländern zustande?
Wien hat eine sehr gut vernetzte Leitungsstruktur und im Vergleich zu anderen Bundesländern viele Haushalte und wenig Großabnehmer (Industriebetriebe) zu versorgen. Das erhöht die Kosten, weil wenig Strommenge über ein großes Netz transportiert wird.
Dazu kommt der Investitionsaufwand für die Anbindung alternativer Energiequellen: Die meisten Photovoltaikanlagen und Windräder stehen im Osten Österreichs. Allein im Netzgebiet der Wiener Netze befinden sich rund 33.000 PV-Anlagen und 19 Windparks, die Strom einspeisen. Haushalte mit Photovoltaik zahlen weniger Netzgebühren, weil sie einen Teil ihrer benötigten Energie selbst erzeugen und nicht aus dem Netz beziehen. Dabei muss gerade für Photovoltaikanlagen das Netz stark ausgebaut werden, damit Einspeisung möglich ist und diese Haushalte in der Nacht und im Winter ausreichend Leistung beziehen können. Die Netzkund*innen in Wien zahlen also mehr, weil hier mehr erneuerbare Energien ans Netz gebracht werden, die Energie kommt aber allen Kund*innen in Österreich zugute. Diese Ungleichverteilung der Kosten könnte durch Gesetzesänderungen beseitigt werden.
Netzbetreiber fordern: Kosten fair verteilen
Welche rechtlichen Änderungen braucht es, um die Energiewende zu meistern und neue Technologien zu etablieren?
Alle Netzbetreiber in Österreich fordern, die Netzgebühren so zu berechnen, dass sowohl Strom-Einspeiser als auch Strom-Bezieher die tatsächlich verursachten Kosten der Infrastruktur begleichen. Also weg von Gebühren, die sich ausschließlich an verbrauchten Kilowattstunden orientieren, hin zu einem leistungsorientierteren Tarif, der die Kosten für die Infrastruktur fairer verteilt. Wenn jemand eine hohe Leistung benötigt, weil er sein E-Auto rasch laden möchte oder viel Energie von seiner PV-Anlage in das Netz einspeisen möchte, dann sollte dieser starke Nutzer die Kosten dafür tragen.
Wie sieht es denn bei Gas aus? Bei Strom ist die Erhöhung der Netzgebühr vor allem im Ausbau des Netzes begründet, bei Gas durch die sinkenden Transportmenge?
Grundsätzlich gilt bei Gas dasselbe Kosten-Berechnungs-Prinzip wie bei Strom: Wird weniger verbraucht, steigt der Tarif für die Durchleitung pro Energieeinheit. Der Rückgang beim Gasverbrauch hat mehrere Faktoren: Wärmere Winter, Sparsamkeit, besser gedämmte Häuser, aber auch Abmeldungen von Verbraucher*innen. Bei den Wiener Netzen haben sich im vergangenen Jahr rund 10.000 Kund*innen dafür entschieden, ihren Gasanschluss stillzulegen. Dennoch gilt nach wie vor die gesetzliche Vorgabe, dass alle, die wollen auch einen Gas-Anschluss bekommen, nur Neubauten sind davon ausgenommen. In der Realität heißt das: Besteht ein einziger Haushalt in einer Siedlung auf den Gas-Anschluss, muss die Leitung zur gesamten Siedlung instandgehalten werden. Aktuell können so rund zehn Kilometer Gasrohre pro Jahr stillgelegt werden. Das Gasleitungssystem in Wien ist aber 4.000 Kilometer lang. Auch hier ist der Gesetzgeber gefordert, für eine faire Regelung zu sorgen.
Alle Informationen und Kostenstellen Ihrer Energierechnung werden auf der Website der Wiener Netze genau erklärt. Hier der Link zur Rechnungs-Seite der Wiener Netze.