Freileitung in Baumkrone
Damit bei einem Gewitter keine Bäume in die Stromleitungen fallen oder Äste sich in Freileitungen verfangen, ist regelmäßiger Baumschnitt notwendig. Bei den Wiener Netzen haben von Oktober bis Mai die Rodungs-Trupps Hochsaison.

Hunderte Kilometer Freileitung laufen in und um Wien durch Wälder und Gärten. Solche Leitungen sind anfällig für Stromstörungen – ausgelöst durch Baumschlag. Bei Trockenheit besteht sogar Brandgefahr. Umso wichtiger ist es, die Leitungstrassen von Bewuchs freizuhalten, erklärt Norbert Schlögl, der sich bei den Wiener Netzen um die Rodungs-Einsätze kümmert.

Leitungstrasse mit Rodungsspuren
Zwischen Oktober und Mai gibt es viel Arbeit für die Rodungsteams der Wiener Netze. © Wiener Netze/Manfred Tucherl

Nikolaus Kogelnig, er nennt sich Nik, ist zum Beispiel Teil so eines Freileitungsteams und kennt viele Trassen in der Umgebung Wiens. „Auf dem Baum dort oben, habe ich auch schon geschwitzt“, sagt er. Er steht in einer Schneise zwischen Dickicht, Haufen abgeschnittener Äste, Buschwerk, Stämmen, Kleinzeug, Bäumen. „Allergie darf man da keine haben“, sagt er. Oben im Baum schaukelt ein Mann mit Motorsäge an einem Seil hängend im Astwerk. „Der da kommt weg“, ruft Nik ihm zu, deutet mit der Hand auf einen Ast. “Der auch! Der dicke bleibt!“, so Niks Anweisungen. Die Motorsäge heult auf und kurz darauf fällt ein Ast in den Busch darunter.

Nik kennt seine Schneisen, seine Waldstücke, seine Wiesen, die Grundstücke und die Eigentümer derselben. Mehr als 100 Kilometer Strom-Freileitungen im Süden Wiens hat er unter seiner Verantwortung. 30 Jahre ist er in diesem Job bei den Wiener Netzen. Er kennt die Tücken der Brombeeren, die Problem-Büsche und schwierigen Bäume.

Baumschneider hoch oben in der Baumkrone neben einem Strommasten
Die Arbeiten auf hohen Bäumen für den notwendigen Freischnitt der Stromleitungen sind oft körperlich herausfordernd. © Wiener Netze/Manfred Tucherl

Für die Versorgungssicherheit: Freileitungen von Ästen freihalten

Blitz, Bagger, Baum – das sind die größten Feinde der Kabel und Freileitungen und damit der Stromversorgung. Fehler bei Bauarbeiten lassen sich durch genaue Pläne und vorsichtiges Arbeiten vermeiden. Aber gegen den Blitz oder Unwetter generell ist kein Kraut gewachsen. Und gegen das „Kraut“, das von allen Seiten in Freileitungen wächst, wenn man es lassen würde, hilft nur die Motorsäge. Wie eben bei der Stromleitung nahe der A23 hier in Niederösterreich. Das Teilstück, auf dem gerade Baumschnittarbeiten durchgeführt wird, ist natürlich abgehängt und steht nicht unter Strom – für wenige Stunden zumindest.

Die Stromleitung, eine 20 Kilovolt-Leitung in diesem Fall, hängt auf 10 bis 12 Meter hohen Holzpfählen, die man bisweilen gar nicht so wirklich wahrnimmt, in der Natur. Die fingerdicken Kabel würde man eigentlich nicht als Gefahr ausmachen. Aber: die Kabel sind nicht isoliert. Wenn ein Ast zu nahe heranragt, kann es zu einem Spannungsüberschlag kommen. Im schlimmsten Fall, besonders bei sehr großer Trockenheit, kann das auch einen Waldbrand auslösen oder die Stromversorgung unterbrechen. Beides soll unbedingt verhindert werden!

Baumschnitt-Team auf Waldlichtung
Bei den Arbeiten im Wald haben die Wiener Netze Unterstützung von Spezialisten für Baumschnitt. © Wiener Netze/Manfred Tucherl

480 km Leitungen werden regelmäßig kontrolliert

480 Kilometer solcher Freileitungen gibt es in und um Wien, sagt Norbert Schlögl. Die Leitungen müssen permanent Abschnitt für Abschnitt begangen und kontrolliert werden. Damit es nicht zu Versorgungsunterbrechungen kommt.

An diesem Frühlingstag ist es heiß. Der Waldboden ist trocken. Und unter einer Schicht trockener Blätter befindet sich steinharter, ausgetrockneter grauer Erdboden mit tiefen Rissen. Nik nimmt die Sonnenbrille ab und wischt sich eine Raupe aus dem Gesicht. Für diese Saison geht der Baumschnitt ins Finale. Gerodet wird zwischen Oktober und Anfang Mai. Sobald die Vögel nisten, geht es nicht mehr, danach ist es zu heiß.

Norbert Schlögl vor einem Baum
Während der Baumschnitt-Arbeiten werden die Leitungen spannungslos geschalten, erklärt Norbert Schlögl von den Wiener Netzen. © Wiener Netze/Manfred Tucherl

Die Männer sitzen im Schatten, machen eine kurze Rast, während der Kollege oben im Baum seine Sicherung umhängt, weil eben auch der Ast weg muss an dem er gerade hängt. „Kommt’s Burschen, moch ma wos für die Figur, der nächste Sommer kommt sicher“, sagt der Chef der Rodungsfirma Blaha mit der die Wiener Netze hier zusammenarbeiten.

Norbert Schlögl erklärt: „Das Baumschneiden passiert immer im Einvernehmen mit den Grundstücksbesitzern. Wir betreten mit dem Besitzer das Grundstück oder machen uns aus, wann geschnitten werden kann.“ Zumeist kenne man die Leute, die aus einer überschaubaren Anzahl bestehen. Über den Bürgermeister werden diese dann oftmals informiert.

Jeder Baum ist anders

Es ist Mittag. Rund 50 Meter Leitung sind von Dickicht befreit. Gute 200 sind es noch auf diesem Abschnitt. Wie lange das dauern werde? Schwer abzuschätzen. Das hänge immer vom Wetter, von der Topographie, von den Bäumen, von der Feuchtigkeit im Boden ab. „Jeder Baum ist anders“, sagt Nik. „So ein Stück Stamm“ – er deutet auf ein am Boden liegendes Teil – „hat um 30 Kilo mehr, wenn es gerade geregnet hat“. Knochenharte Arbeit also, gerade rechtzeitig vorm Sommer. Obwohl: „Mei Figur is ma a im Sommer a wurscht“, meint einer aus der Rodungstruppe. Sagt es und macht sich trotzdem an die Arbeit. Man will ja fertig werden und die Leitung wieder in Betrieb nehmen.

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