Es surrt vom Keller bis in den fünften Stock. Denn hier im Umspannwerk Zedlitzhalle kommt alles zusammen: Im Keller kommt der Starkstrom in dicken Kabeln herein, wird in den 2. Stock in die 110-kV-Schaltanlage geleitet – quasi die Autobahnabfahrt, wie es Gerhard Fida, Geschäftsführer der Wiener Netze nennt – dann geht der Strom ins Erdgeschoß, wird dort in riesigen Transformatoren zu Mittelspannung. Mit 10-kV geht es in den fünften Stock in die 10-kV-Schaltanlage, dann über Kabel retour in den Keller und von dort aus weiter zu den Transformatorstationen im Netz in der umliegenden Region und von dort zu den Haushalten. Das Umspannwerk Zedlitzhalle ist ein Kernstück der Stromversorgung im ersten Wiener Gemeindebezirk. Ca. 11.000 Haushalte und 7.000 Betriebe hängen an dem Umspannwerk. Darunter prominente Vertreter des Wiener Innenstadtlebens wie das Gartenbaukino oder das Hotel Imperial.
Aber nein, die Zedlitzhalle, die ist kein spektakulärer Bau. Eher ein graues Mäuschen zwischen schicken Innenstadtpalais. Oder viel eher: Ein grünes Mäuschen. Denn wenn etwas hier auffällt, dann ist es die Fassadenbegrünung, die langsam aber sicher etwas Kühlung und Biodiversität schafft zwischen all den Beton- und Ziegelbauten. Aber das Umspannwerk ist auch ein Haus mit Geschichte: Einst Markthalle, dann Fischmarkt, schließlich Erdäpfellager und Galerie des Künstlerverbandes Hagenbund. Neben der Secession und dem Künstlerhaus als Wiener Kunsthalle benannt, war die Zedlitzhalle die dritte große Ausstellungs-Location der Stadt. Und schließlich: Seit den 1970er-Jahren dann eben Umspannwerk.
Neueste Technik in alten Gemäuern
Viel Platz für Strom ist hier. Und während die Schmauch-Spuren der ersten Schaltanlage in den Hallen des 2. Stocks noch zu sehen sind, so fliegen bei der neuen keine Funken mehr. Die ist auch gleich zwei Drittel kleiner als die alte. Dank neuester Technik. Denn in der neuen Schaltanlage wird mit dem Gas Schwefelhexafluorid isoliert. Damit konnte die Anlage enger und somit kleiner gebaut werden.
Gedacht und geplant wird hier in großen Dimensionen: Die Lichter, sollen ja auch in Zukunft nie ausgehen in der Stadt. Nicht einmal flackern sollen sie. Deswegen wird hier regelmäßig gewartet und investiert. Wie etwa bei den Transformatoren im Erdgeschoss: Davon gibt es gleich drei, weil eines der 90-Tonnen-schweren Geräte als Reserve dient. Sollte eines ausfallen, kann die Reserve einspringen und die fernschauenden oder dinierenden WienerInnen merken gar nichts von der Arbeit der Wiener Netze im Hintergrund.
Ferngesteuert
46 Umspannwerke gibt es im Versorgungsgebiet der Wiener Netze. Die Tendenz: steigend – wie der Stromverbrauch. Wenn die Stadt wächst, ist natürlich auch in den neuen Wohngebieten ausreichend Strom-Infrastruktur notwendig und ein Neubau wie in der Nähe des Alberner Hafens etwa. Im dicht und vor allem alt verbauten Innenstadtbereich aber sind es Liegenschaften wie die Zedlitzhalle, auf die die Wiener Netze zurückgreifen. Noch älter ist der Bau in dem das Umspannwerk Kaunitzgasse im sechsten Bezirk untergebracht ist. Der stammt aus der Anfangszeit der Elektrizität: Ende des 19. Jahrhunderts war dort ein privat geführtes Dampfkraftwerk das unter anderem das Theater an der Wien mit Strom versorgte.
Die Schaltanlagen, die surrenden Transformatoren, die Korridore und Stiegenhäuser sind aber sowohl in der Kaunitzgasse als auch in der Zedlitzhalle die allermeiste Zeit verwaist. Die heutigen Umspannwerke werden von der Ferne gesteuert, sowie überwacht. Vorbei schaut nur jemand, wenn eine Störung von der Zentrale aus nicht behoben werden kann oder Instandhaltungsarbeiten gemacht werden müssen. Sonst bleiben die Tore versperrt.