Die Jahre 2021 und 2023 waren eine besondere Zeit für Alexander Förster. Als IT-Experte bei den Wiener Netzen, widmet er sich normalerweise den kritischen Informationssystemen im Smart Metering. Doch in dieser Zeit waren IT, Smart-Meter und Dokumentation drittrangig. Denn da war er vor allem eines: Papa. Da hat er den Kinderwagen durch Regen und Wind geschoben, bis es ihn zerlegt hat, wie er sagt. Da hat er gekocht, gewickelt, gespielt, die Nerven zusammengehalten, wenn es Gebrüll gab, hat zugesehen, wie sie wachsen und lernen, hat mitgemützelt, wenn die Kleinen geschlafen haben – die Väterkarenz ist ein 24/7-Job. Dafür habe er seine Kinder „lesen gelernt“, wie er es nennt. Und wenn er heute auf diese Zeit zurückblickt, dann sagt er: „Das war schon eine sehr gute Zeit.“
Zwei Mal ist Alexander Förster für seine beiden Söhne Theodor und Matthias in Karenz gegangen. Aber „Auszeit“ nennen das nur die, die das nie gemacht haben: Den ganzen Tag planen, den Ablauf abwickeln, Windeln wechseln, Kinderarzt-Besuche, das Schreien managen, Pastinaken und Karotten pürieren. Hobbys könne man in dieser Zeit keine haben, sagt er. Und so habe eben auch er die Augen meist zu gemacht, wenn die Kinder mal geschlafen haben. Keine einzige Sekunde bereue er. Jederzeit würde er es wieder tun.
Ideale Rahmenbedingungen
Die Wiener Netze sind ein familienfreundlicher Arbeitgeber. Das entsprechende Gütezeichen trägt das Unternehmen seit 2018. Das ergibt sich aus vielen Parametern. Denn diese „eine Maßnahme” gebe es nicht, so Yvonne Rebernig aus der HR-Abteilung der Wiener Netze. Viel eher handle es sich um eine Vielzahl: “Es braucht Maßnahmen wie die Möglichkeit, ohne schlechtes Gewissen das Papamonat zu nutzen oder flexible Arbeitszeiten. Außerdem sind eine unterstützende, wertschätzende Unternehmenskultur und Verständnis seitens der Führungskräfte das Wichtigste.“
Alexander Förster sagt, es sei in seiner Abteilung völlig klar gewesen, dass er in Karenz geht. “Als es soweit war, bin ich einfach direkt gefragt worden als wäre es das Natürlichste der Welt“, erzählt er. Team und Führungskraft unterstützen ihn bestmöglich: „Es war das Gefühl, dass das gelebter Usus ist.“ Im Vordergrund stand ein offener und fairer Umgang, damit alle seine Abwesenheit planen konnten. Alle wussten Bescheid und konnten sich darauf einstellen.
Im Schnitt der vergangenen zehn Jahre sind 34 Prozent aller Mitarbeitenden der Wiener Netze, die in Karenz gehen, Männer. Zählt man den Papa-Monat dazu, sind es sogar 48 Prozent. Im Mittel gehen die Männer bei den Wiener Netzen auch um einiges länger in Karenz als im Österreich-Schnitt. Bei männlichen Mitarbeitern sind es durchschnittlich etwas mehr als 2,5 Monate, bei Frauen hingegen rund 15 Monate.
Investition in die Vater-Kind-Beziehung
Für Alexander Förster war es nie die Frage, ob er in Karenz gehen wolle, sondern eher, ob er noch einmal Vater werden würde. Drei Söhne hat er aus einer früheren Beziehung, daher wusste er, was auf ihn zukommt. So konnte er seine Karenzzeit gut planen.
„Ich habe ja gewusst, worauf ich mich einlasse“, sagt er. Die Kunst sei es, den Tagesrhythmus des Kindes auf den Tagesablauf anzupassen: Aufstehen zu einem bestimmten Zeitpunkt, Vormittagsschläfchen, Spielzeit, Essen, Mittagsschläfchen, ganz einfach Rituale und geregelte Abläufe einhalten.“ Er hat seine Tricks: Ein bestimmtes Lied auf einem Glockenspiel zum Umziehen, ein anderes zum Zähneputzen, eines zum Schlafen gehen.
Karenz ist aber viel mehr als Beaufsichtigung – es ist eine Investition in die Beziehung zu seinem eigenen Kind. “Karenz ist, dass ich jeden Entwicklungsschritt miterlebt habe und auch darauf eingehen konnte. Dass man eben an Dingen aktiv teilhaben kann. Dass man nicht am Abend nach Hause kommt und erzählt bekommt, was man alles verpasst hat.“ Bei beiden Kindern hat er die ersten Schritte miterlebt und dadurch ein sehr enges und gutes Verhältnis aufgebaut.
Alexander Förster ist zurück in seiner Abteilung. Wie aus einem anderen Leben ist er in die alte Routine zurück gerutscht. „Das Problem war nicht der Wiedereinstieg, sondern dass man sich wieder einarbeiten muss“, ergänzt er. „Aber nach einem Monat war ich wieder drin.“
Er gibt allen werdenden Vätern folgenden Rat mit auf den Weg: “Plant stets einen Zeitpuffer von mindestens 45 Minuten ein, bevor ihr zu einem Termin aufbrecht.” Denn oft passiert das: „Das Kind ist fertig angezogen, wir stehen an der Tür – und plötzlich ist die Windel voll. Mit einem Zeitpuffer bleibt alles entspannt. Ohne diesen Puffer gerate ich selbst unter Druck, was wiederum das Kind stresst.“ Und falls die Windel an der Tür nicht zum Thema wird? „Dann dreht man einfach noch eine Runde mit dem Kinderwagen um den Block.“